Ein Festival möglicher Welten
Dr. Dieter Rossmeissl zum neuen Großraumfestival net:works
Im Oktober 2015 steht mit „net:works – kultur und öffentlichkeit zwischen analog und digital“ bereits das 17. Großraumfestival seit 1988 auf dem Plan. Dabei rückt der verantwortliche Organisator in den Vordergrund, die Arbeitsgemeinschaft „Kultur im Großraum Nürnberg, Fürth, Erlangen, Schwabach“ kurz ARGE genannt. Wer oder was sich hinter diesem sperrigen Namen verbirgt, wollen wir vom 2. Sprecher der ARGE, Dr. Dieter Rossmeissl, Referent für Bildung, Kultur und Jugend in Erlangen, wissen.
net:works: Herr Dr. Rossmeissl, wer ist diese ARGE eigentlich? Was sind Ihre Ziele? Haben die sich über die Jahre seit Gründung des Kooperationsmodells verändert?
Dieter Rossmeissl: Die ARGE ist ein Zusammenschluss der vier kreisfreien Städte im Herzen der Metropolregion, vor 25 Jahren von weitsichtigen Oberbürgermeistern durch einen stabilen Vertrag gesichert. Hier arbeiten die Kulturreferate und Kulturämter zusammen. Diese Kombination von politischer und operativer Ebene prägt ihre Handlungsfähigkeit. Natürlich hat sich Manches im Lauf der Jahre verändert. Was zu Anfang ein Verbund zur Organisation gemeinsamer Festivals war, ist längst eine Plattform für zahlreiche Kooperationen und Absprachen von Veranstaltungen und Kulturpolitik im Großraum geworden. Alle reden von Regionalisierung; wir praktizieren sie.
net:works: Welche Vorteile ziehen die kooperierenden Kulturreferate aus der Zusammenarbeit? Welche Vorteile ergeben sich denn für das kulturinteressierte Publikum?
Dieter Rossmeissl: Auch wenn man es nicht gern zugibt: Auch Kulturveranstaltungen werden an Besucherquoten gemessen. Das nährt den Drang zum Gängigen mit kalkulierbarem Erfolg. Kultur wird aber erst spannend, wenn sie sich auch auf Experimentelles einlässt. In der Gemeinsamkeit der Referate und zugleich Unterschiedlichkeit der Städte ist es leichter, sich auf Risiken einzulassen. Das Publikum kann sich so mit Themen auseinander setzen und Formate erleben, für die es ohne die ARGE keine Plattform gäbe.
net:works: Ist es nicht ein großer Aufwand für die beteiligten Institutionen alle drei- bis vier Jahre jedes Mal ein thematisch neues Festival zu konzipieren und durchzuführen? Wie steht es denn mit der Idee der Nachhaltigkeit?
Dieter Rossmeissl: Klar ist das ein großer Aufwand. Spätestens seit Karl Valentin wissen wir schließlich, dass Kunst zwar schön ist, aber auch viel Arbeit macht. Eben deshalb arbeiten wir zusammen, weil wir dann auch schwierige Themen differenzierter erfassen und entsprechend den Besonderheiten der Städte bearbeiten können.
Nachhaltig sind Kunst und Kultur immer, wenn sie in den Köpfen etwas bewegen, das dann fortwirkt. Die „mehrwertzone“ – auch ein Kind der ARGE – gibt dieser Nachhaltigkeit Form und Plattform. Beim aktuellen Festival ist sie deshalb Medium und Inhalt zugleich.
net:works: Wo sehen Sie die Akzente für die zukünftigen Aufgaben für eine städteübergreifende Kooperation im Kulturbereich?
Dieter Rossmeissl: Wir werden auch künftig Festivals gemeinsam gestalten, mit innovativen Themen und Formaten. Mag sein, dass sich dabei auch die Form der Festivals ändert – wohin weiß ich noch nicht. Aber Veränderungen sind ja gerade dann spannend, wenn man sie aus sich heraus entwickelt und nicht nur auf ein vorbestimmtes Ziel zu rennt.
net:works: Es ist ja noch ein wenig hin, aber welche konkreten Erwartungen haben Sie an das Festival „net:works“ im Oktober?
Dieter Rossmeissl: Durch Digitalisierung ändern sich Inhalte wie Vermittlung von Kunst und Kultur. Der Begriff „Original“ verliert seine ursprüngliche Bedeutung, Zielgruppen diffundieren, und das alte Urheberrecht passt nicht mehr zu den unendlichen Möglichkeiten von Vervielfältigung und Transformation. Mediale Allgegenwart relativiert zudem die Funktion von Kulturorten. „net:works“ will zeigen, was möglich ist und was das bedeutet. Ein Festival möglicher Welten – was könnte spannender sein?