Von der Konsole auf die Bühne und zurück

Wie das Publikum vom Zuschauer zum Mitgestalter wird – zwei Beispiele für digitale Partizipationsformen in der darstellenden Kunst

Tanztheater: „Smartphone Project“ der Fabien Prioville Dance Company © Mischa Lorenz

 

Noch vor wenigen Jahren verlief ein Theaterabend nach dem altbewährten Schema: sitzen, zuhören und schauen, schweigen (bis auf gelegentliche Beifalls- oder Empörungsbekundungen). Im Rahmen des Festivals net:works werden auf und vor den Bühnen im Großraum jedoch Veranstaltungen stattfinden, die das klassische Muster von Schaffenden auf der Bühne und Beobachtenden im Zuschauersaal auflösen.

Die Besucher des Tanztheaterstücks „Smartphone Project“ der Fabien Prioville Dance Company werden zum Beispiel nicht gebeten, ihre Mobiltelefone auszuschalten oder gar abzugeben, sondern sie während des Stückes aktiv zu nutzen, indem sie eine eigens programmierte App installieren. Diese in Zusammenarbeit mit dem Bonner Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik entwickelte Anwendung versorgt die Zuschauer mit exakt getimten Informationen zum Stück. Darüber hinaus verwandelt sie den Besucher mit überraschenden interaktiven Elementen in einen aktiven Teil des künstlerischen Erlebens. Gemeinsam mit dem ehemaligen Pina Bausch-Tänzer Pascal Merighi und der Schauspielerin Florence Minder inszeniert Prioville eine Fusion von zeitgenössischem Tanz, Medientechnologie und Performance.

Interaktives Multiplayer-Theaterstück: „Yet another world“

Ganz und gar virtuell wird es, wenn das Videospiel Grand Theft Auto IV in Nürnberg zur digitalen Bühne für das Multiplayer-Theaterstück „Yet another world“ umfunktioniert wird. In der Produktion der schweizer Medien- und Theaterproduzenten „Extraleben“ tauchen die Besucher mittels Spielkonsolen mit eigenen Avataren in ein virtuelles New York ein und begleiten die Romanfiguren des Autors Jonathan Lethem auf einem digitalen Citywalk. Sie helfen aktiv mit, die Geschichte zu konstruieren und sind nicht länger passive Konsumenten einer vorgefertigten Dramaturgie.

Yet Another World © Extraleben

Smartphones an!

Beide Stücke sind im Oktober 2015 in Nürnberg zu sehen und zu erleben. Die Frage, ob diese Experimente zur Mitgestaltung althergebrachte Formen der Darstellung ersetzen, ergänzen oder sich mit dem nächsten notwendigen Update erledigen, ist wichtiger Teil des Diskurses zum Festival net:works. Vielleicht heißt es ja bald vor jeder Aufführung: Smartphones an, Apps aktivieren und Konsolen bereithalten.

Zum „Smartphone Project“
Zu „Yet another world“

Jana Tischer am 30. April 2015

3 Kommentare

  • MS ANALOG

    ich bin zugegeben ein wenig altmodisch, aber: wann wird das Stück denn eigentlich gespielt ? Kann man da schon Karten haben ? Klingt ja richtig aufregend…

    • Rainer Hertwig

      Vielen Dank für die Neugierde. Wer sich für die Tanztheaterproduktion interessiert, sollte sich schon mal den 16. Oktober freihalten. Bis zum Kartenvorverkauf dauert es aber noch eine Weile. Das, wie auch weitere Informationen, werden wir kontinuierlich hier auf http://www.networks15.de veröffentlichen, wie auch unter http://www.facebook.com/mehrwertzone.net.

  • MS ANALOG

    Die Theaterveranstaltungen „Smartphone-Projekt“ mit Fabien Prioville in der Tafelhalle und das Gastspiel Yet another world im Künstlerhaus sind „auf dem Markt“, Tickets in der Kulturinformation Nürnberg 231 4000 / oder kunstkulturquartier.de